Eingestellt: | 2010-06-12 |
---|---|
KM © | |
Dieses Foto verdanke ich einem der verrücktesten Fotoeinsätze, die ich je hatte. Ein Freund und Kollege berichtete mir letzte Woche von einem Fund der Bienenragwurz (Ophrys apifera) in einem Autobahnohr an der A 3. Er habe eine blühende Pflanze und eine noch nicht erblühte gefunden, aber vielleicht gebe es ja noch ein paar mehr. Heute entschloss ich mich, mal hinzufahren. Und alles schien schief zu gehen: erst spielte das Wetter nicht mit - frühes Morgenlicht konnte ich vergessen. Also noch mal umdrehen im Bett, morgen ist auch noch ein Tag. Gegen acht Uhr klarte es dann doch auf, ich fuhr kurz entschlossen raus - und merkte bei der Ankunft, dass meine Speicherkarte noch im PC statt in der Kamera steckte. Natürlich kein Ersatz im Rucksack. Nach einigen Irrfahrten und vergeblichen Anfragen in drei Fotogeschäften der Umgebung fand ich schließlich in der nahe gelegenen Großstadt doch noch ein Geschäft, das auch CF-Karten führte. Dann stellte sich heraus, dass die Wegbeschreibung missverständlich gewesen war, und ich fand die bezeichnete Stelle nicht. Zum Glück gibt's Handys, und als auch das geklärt war, stand ich schließlich vor sieben voll erblühten Bienenragwurzen. Endlich also Fotos machen - aber an meinem Makroobjektiv streikte die Scharfeinstellung. Offenbar hatte sich ein Staubkörnchen irgendwo verfangen, und der Einstellring wie auch der AF-Motor schleiften, ohne dass sich die Innenfokussierung verschob. Aber auch das war schließlich behoben, und ich konnte endlich fotografieren, mittlerweile im Mittagslicht. Aber dafür wurde ich mit einem Standort belohnt, wie ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Nicht allein, dass die Orchideen an diesem ungewöhnlichen Standort bis nahe an den Fahrbahnrand wuchsen und einige dort bereits von der letzten Pflegemahd auf dem Seitenstreifen erwischt worden waren (auch das hier fotografierte, aber es ist nachgewachsen und hat eine verkürzte Blütenrispe geschoben). Nein: das Vorkommen erwies sich mit mindestens 130 blühenden Rispen als das größte, was mir je untergekommen ist. Und so kam ich dann nach dem schwierigen Anlauf schließlich mit über 400 Bildern auf der neuen Speicherkarte heim, von denen ich Euch noch ganz beglückt eines gleich zeigen möchte. Dies ist wohl auch eindeutig ein Bild für die Rubrik "Mensch und Natur". |
|
Technik: | EOS 400D, Sigma 17-70mm bei 19mm, ISO 200, Bl. 11,0, 1/250 sec., -1/3 LW, die Kamera auf mein Dinkelspreusäckchen und mich selbst längelang daneben auf den Boden gelegt - wartend, bis ein Auto vorbei käme. Was dazu führte, dass ein Autofahrer am Fahrbahnrand der A 3 anhielt und ganz besorgt zu mir gelaufen kam, um zu fragen, ob es mir auch gut gehe oder ich möglicherweise verletzt oder krank wäre. |
Fotografischer Anspruch: | Fortgeschritten ? |
Natur: | Beeinflußte Natur ? |
Größe | 392.7 kB 531 x 771 Pixel. |
Ansichten: | 22 durch Benutzer371 durch Gäste1418 im alten Zähler |
Schlagwörter: | autobahn bienenragwurz ophrys ophrys apifera orchidee ragwurz strasse verkehr |
Rubrik Mensch und Natur: | |
Serie Heimische Orchideen: |
eine Geschichte zum Schmunzeln. Danke für´s erzählen. Und der Hintergrund, weshalb du das Foto hier zeigst, hat ja durchaus eine ernste Seite, die das Foto für die Kategorie Mensch und Natur prädästiniert. Das Foto selber finde ich vom Bildaufbau, der Perspektive und insbesondere der gewählten Schärfentiefe.
Viele Grüße
Gunnar
so viele Kommentare! *freu*
Ich antworte mal zusammenfassend: aus den Kalkgebieten, z.B. Thüringen oder Schwäbische Alb, auch aus Südeuropa, kenne ich Orchideenstandorte an Straßenrändern ebenfalls. Aber dieses Bild entstand am Wiesbadener Kreuz, also mitten in einer intensiv genutzten Landschaft, bei der man nicht an Orchideen denkt, schon gar nicht an diese Art, und wo das Autobahnohr eine wirkliche kleine Oase darstellt. Entdeckt wurde das Vorkommen von Botanikern bei einer "offiziellen" gutachterlichen Unetrsuchung, die Behörden werden also davon informiert, und es ist zu hoffen, dass hier ein artgerechter Pflegeplan erstellt wird.
Auf Fotos ohne Auto kann ich nicht allzuviel Hoffnung machen - es war Mittag mit entsprechendem Licht, und das ergab nur "Standardfotos". Vielleicht zeige ich mal eins.
Liebe Grüße
Kurt
Sowohl Bild (schön das es diese Rubrik nun für genau sowas gibt), als auch die sehr lebendige und zum schmunzeln bzw. wiedererkennen einladende Schilderung der vielen 'Pannen'.
Für diese Rubrik finde ich das Bild sehr gut gelungen. Das (wie ich finde) genau richtig hinter der Blüte platzierte Auto und das Autobahnschild, sowie die erkennbare Abfahrtsschleife, sind für die Bildaussage sehr wichtig und gut gelungen. Auch der Unschärfegrad des HG trägt dazu bei. Nicht zuviel - nicht zuwenig - passt
Für deutsche Verhältnisse ist der Fund durchaus ungewöhnlich, aus Südeuropa kenne ich viele Orchideen, gerne Ragwurze, aus eigener Anschauung fast nur von Straßenrändern. Der Standort Straßenbegleitgrün ist ja auch nicht unbedingt der schlechteste - zumindest wird hier nicht bewusst gedungt/überdüngt, vielerorts nicht zu intensiv gepflegt, nicht umgebrochen... Das Blei ist ja inzwischen zumindest aus dem Kraftstoff verbannt, andere Schwermetalle werden sich hier aber vielleicht anreichern (z.B. Cadmium oder war es Arsen, aus Reifenabrieb). Es gibt ja aber auch den seltenen Biotoptyp des Schwermetallrasens, mit natürlicher 'Belastung'. Warum soll ein Ragwurz damit nicht klar kommen? Vielleicht gibt es ja noch zahlreiche weitere solche Standorte, wer guckt da schon. Mich 'düngt' daher aber leider die Vermutung, dass dieser Standort evtl. nur entdeckt sein könnte, da hier geguckt wurde, weil mit der Autobahn geplante Ausbauvorhaben einher gehen... ?!
Sehr schöner Beitrag, Kurt, danke dafür!
Grüße, Thorsten
eine schöne, spannende Geschichte. Dein Foto unterstreicht sie noch eindrucksvoll. Man kann es fast nicht glauben, dass ausgerechnet an so einem Standort Orchideen wachsen und dann noch so viele.
LG
Gertraud
klasse Photo und spannend zu lesende Geschichte.
Bin gespannt, was Du noch so zeigst von diesem ereignisreichen Tag.
viele Grüße
Tobias
ganz tolles Bild mit mehr Bildaussage als manche "perfekte" Detailaufnahme einer Blüte mit toller Geschichte dabei - ähnliches ist mir auch schon passiert (wobei ich mich zum Foten noch nicht neben die Autobahn gewagt habe).
Das Auto im Hintergrund ist klasse!
liebe Grüße,
Magdalena
spannende und amüsante (für den leser ) geschichte. einiges darin kam mir aus eigenem erleben bekannt vor.
da bin ich ja jetzt mal gespannt ob du dich da bei sonnenaufgang in diese wiese legst.
die autobahnnähe hat man übrigens auch in thüringen, im leutratal. da wachsen zwar die orchideen nicht am straßenrand sondern im naturschutzgebiet, aber die a4 geht ja unmittelbar daran vorbei und ich zumindest finde das immer wieder komisch vom gefühl her, wie nah so eindrucksvolle und vielfältige natur und eine vielbefahrene autobahn zusammen sind.
auf jeden fall danke für bild und text und ich bin gespannt auf weitere fotos (solche ohne auto ).
vg
ines
deine Beschreibung - einfach herrlich!!!
Deine Beharrlichkeit ist nachahmenswert.
Das Bild ist Überlebenswille pur.
Mir hat es gerade sehr geholfen, ich wußte nicht,
das die Ragwurzen einen Blütenstiel nachschieben können.
Das erklärt mir, warum bei "meinen" die Großen
nicht freistellbar zwischen den Margariten stehen
und die Kleinen unter den freigemähten Obstbäumen
kein Problem sind.
Hatte mich vor 3 Wochen schon geärgert,
das Teile der Wiese gemäht waren.
Aber es macht wohl wirklich nix -
es sind trozdem auch hier sehr viele da.
Vielen Dank und Gruß
Ute
eine schöne Geschichte und ein "Bienchen" für Deine Beharrlichkeit.
Kürzlich besuchte ich einen Vortrag über die Orchideen im Jenaer Raum. Da zeigte der Referent auch Fotos von Orchideen am Rand der Bundestraße die regelmäßig abgemäht wurden aber im nächsten Frühjahr wieder auf den Orchideenfreund oder den Mähbalken gewartet haben.
Übrigens, der Referent war der Orchideenbeauftragte für Jena und Umgebung. Der sah das mit dem Abmähen recht locker (es gibt dort natürlich genügend Orchideen die sich einen besseren Standort gesucht haben).
Viele Grüße
Klaus
...auf einen großeinsatz der polizei könnte ich aber sehr wohl verzichten
vg anja
Eine gute Geschichte die das Leben schrieb.
Ja ja, diese Fotografen sind schon ein seltsames Völkchen, überall liegen sie herum.
Liebe Grüße
Erwin
Zum Glück bist du am Schluss nach soooo vielen Unannehmlichkeiten auch noch belohnt worden - da freue ich mich mit dir. Mindestens 130 blühende Rispen: das halt ich im Kopf nicht aus! Da können wir uns jetzt ja alle warm anziehen.
Eine ähnliche Erfahrung wie du mit dem besorgten Mitbürger habe ich auch schon mal gemacht: ist doch nett, oder?
LG,
Pascale